Hirnschlag: Schulklasse rettet Lehrerin

Eine 30-jährige Lehrerin benimmt sich plötzlich seltsam – doch wer denkt schon an einen Hirnschlag? Berufsschülerinnen aus Zollikofen merken, dass ein ernstes Problem besteht, und reagieren sofort vorbildlich. Dank der raschen Behandlung im Hirnschlagzentrum des Berner Inselspitals hat die junge Lehrerin heute keine Folgeschäden. Für die Hilfeleistung erhält die Berufsschulklasse den HELP-Preis 2015 der Schweizerischen Herzstiftung.

Ein gewöhnlicher Morgen im Klassenzimmer: Die 30-jährige Rahel Locher, Berufsschullehrerin am Inforama Rütti in Zollikofen, fängt plötzlich an zu lallen. Sie setzt sich hin, um Wasser zu trinken, aber die linke Gesichtshälfte hängt herunter, das Wasser rinnt auf ihre Kleider. Eine Migräne, glaubt sie. Zum Glück merken die Schülerinnen, angehende Pferdefachfrauen, sofort, dass es sich um einen Hirnschlag handeln könnte. Sofort alarmieren sie den Notruf 144. Schon eine halbe Stunde später liegt Rahel Locher im Inselspital in Bern. Die Hirnschlag-Notfallbehandlung kann beginnen.

Schnell reagieren rettet Leben
Jährlich erleiden in der Schweiz etwa 16‘000 Personen einen Hirnschlag. Dass es auch Jüngere treffen kann, bestätigt Prof. Urs Fischer, Neurologe und Hirnschlagspezialist am Inselspital in Bern. «Zwar nimmt das Risiko mit dem Alter zu, doch auch junge Erwachsene können einen Hirnschlag erleiden», so Fischer. Deshalb sei es wichtig, die Symptome zu erkennen und über den Notruf 144 sofort die Ambulanz zu alarmieren. Bei einem Hirnschlag zählt jede Minute. Je früher die Notfallbehandlung in einem spezialisierten Hirnschlagzentrum beginnt, desto mehr Hirngewebe kann vor dem Absterben gerettet werden und desto besser sind die Überlebens- und Heilungschancen.

Neue Hirnschlagtherapie
Die meisten Hirnschläge werden von Blutgerinnseln verursacht, welche die Blutzufuhr zum Gehirn blockieren. Die Hirnschlag-Notfalltherapie löst diese Gerinnsel mittels Medikamenten auf, so auch bei Rahel Locher. Sie profitierte zudem von einer neuen Kathetertherapie. Dabei wird ein Katheter von der Leiste aus durch die grosse Körperschlagader bis ins Gehirn geschoben. Mittels eines Drahtgeflechts wird dann das Gerinnsel rückwärts hinaus gezogen. «In bestimmten Fällen verbessert die Kathetertherapie die Heilungschancen deutlich», sagt Fischer, «was nun auch neuere Studien bestätigen.» Für ihn bedeutet dies einen Durchbruch bei der Behandlung von Hirnschlagpatienten. Und für Rahel Locher ein grosses Glück.

Keine Folgeschäden
«Mir war zu keinem Zeitpunkt bewusst, in welcher Gefahr ich schwebte», sagt Rahel Locher, die heute als Eventmanagerin arbeitet, rückblickend. Sie ist froh, dass ihre Klasse rasch und richtig gehandelt hat und dass sie sofort in ein Hirnschlagzentrum gebracht wurde. Den Notfall hat sie ohne Folgeschäden überstanden. Ohne die schnelle Hilfe wäre es wohl anders gekommen, sie hätte nicht überlebt oder müsste heute mit schweren Behinderungen kämpfen. Die Schweizerische Herzstiftung ehrt das vorbildliche Verhalten der Schulklasse deshalb mit dem HELP-Preis 2015. ​

Hirnschlag: Häufig und lebensbedrohlich

Jede sechste Person erleidet im Laufe ihres Lebens einen Hirnschlag. Hirnschlag ist die

  • dritthäufigste Todesursache
  • häufigste Ursache einer Invalidität
  • zweithäufigste Ursache einer Demenz

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