Aderlass gegen «schlechte Säfte»

    Seit der Antike galt Aderlass als Wundermittel gegen fast alle Krankheiten. Im 18. Jahrhundert verschwand diese Methode dann fast ganz. Heute kommt sie nur noch als letztes Mittel bei einer Hämochromatose zur Anwendung.

    Eine Legende besagt, dass im alten Ägypten der Mythos des Aderlasses auf eine Beobachtung kranker Nilpferde zurückging. Im Nil rieben sich diese Tiere die Pfoten an Schilf, bis sie bluteten. Hippokrates (460–370 v. Chr.) entwickelte aufgrund dieser Technik die Humoraltherapie («humores» = Säfte). Sie besagte, dass wir gesund sind, wenn unsere Körperflüssigkeiten (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Gallenflüssigkeit) im Gleichgewicht sind. Mit einem Aderlass wurde ein Ungleichgewicht behandelt, indem Kranke von ihren «schlechten Säften» befreit wurden. Ab der Renaissance galt der Aderlass als Allheilmittel gegen sämtliche körperlichen und psychischen Beschwerden. Paracelsus (1493–1541) glaubte, dass «bei Wahnsinn nichts anderes hilft als Aderlass». Der Vorsteher der medizinischen Fakultät von Paris, Guy Pantin (1601–1672), schrieb, dass «kein anderes Mittel der Welt so viele Wunder vollbringt». Erst Mitte des 18. Jahrhunderts zogen erste Stimmen den Nutzen der Methode in Zweifel, einige warnten sogar, dass sie gefährlich sei. Bald darauf geriet der Aderlass praktisch in Vergessenheit. Heute gibt es nur noch ganz wenige medizinische Indikationen, beispielsweise eine Hämochromatose. Bei dieser Krankheit nimmt der Körper zu viel Eisen auf.